An den Engel
Wenn mich alle Liebe lässt,
Engel, halte du mich fest.
Vorersehn und beigesendet
Eh die Mutter mich empfing
Nun der Letzte von mir ging
Engel, eh dein Amt sich endet
Worte gib, dich zu beschwören
Worte, dass dir nichts verbleibt
Als den Rufer zu erhören
Den der Strom ins Dunkle treibt
Bruder Engel, jede Nacht
Eh mich noch Dämonen fingen
Haben, Hüter, deinen Schwingen
Morgenröten angefacht...
Hast mich nie allein gelassen
Hast mit Blick und Hand geführt
In Entzückung und Gefahr
Immer hab ich dich gespürt
Auch wo deine Hand zu fassen
Meine Hand zu kraftlos war
Hast mich brüderlich getragen
Quer durch rotes Höllenland
Hast an schroffer Felsenwand
Stufen mir herausgeschlagen
Strick und Kugeln abgewehrt
Mauern meinem Gang gespalten
Und wie oft ich dich beschwert
Immer mir die Treu gehalten
Ungedankt und ungegrüßt
Engel sei du mein Geleit
Alle Straßen dämmern wüst
Engel reiss mich aus der Zeit
Engel, führ mich wie es sei
Einmal noch dann bist du frei
Nimm von meiner Brust den Stein
Engel lass mich nicht allein.
Lass mich Engel nicht allein
Wenn die jüngste Kerze lodert
Aufgezehrt und hingemodert
Schwankt und schüttert mein Gebein
Engel lass mich nicht allein
Lass mich Engel nicht allein
Wenn die letzte Nacht sich rötet
Dass den Tod das Leben tötet
Präge jeder Ader ein
Engel lass mich nicht allein
Lass mich Engel nicht allein
Wenn die bittren Wasser springen
Bis an Kinn und Lippen dringen
Wandle sie in Hochzeitswein
Engel lass mich nicht allein
Lass mich Engel nicht allein
Alle Freunde sind im Weiten
Keiner darf mich mehr begleiten
Du nur, Du darfst bei mir sein
Engel lass mich nicht allein
Lass mich Engel nicht allein
Führ aus Leib und Sterbehemde
In das ungeheure Fremde
In den Ursprung mich hinein
Engel lass mich nicht allein